Zwischen Freiheitsfest und Nationaltaumel

Auch Siebenpfeiffer spricht wiederholt von der deutschen Wiedergeburt und auch er ist der Zeit entsprechend auf ein „Gesamtdeutschland“ fixiert, wie es 1989 hieß. „Deutschlands Wiedergeburt“ stand auch auf dem Festbanner und zog sich als Forderung durch alle Reden.

„Ziel deutscher Nationaleinheit, deutscher Größe, deutscher Macht: und wenn einst alle deutschen Männer dieser eine Gedanke voll und lebendig durchdringt, dann, ich schwör‘ es bei Thuisko, dem Gott der freien Deutschen, dann wird in strahlendster Gestalt sich erheben, wonach wir Alle ringen und wozu wir heute den Grund-stein legen – ein freies deutsches Vaterland.“

Rede von Dr. Philipp Jakob Siebenpfeiffer auf dem Hambacher Fest 1832.

Dieser Abschnitt lässt auf Anhieb kaum viel Unterschied zwischen Siebenpfeiffer und Wirth erkennen. Dies wird an anderer Stelle deutlicher. So spricht er in einem Ausblick in seiner Rede von einem zukünftigen Tag,

„wo das deutsche Weib, nicht mehr die dienstpflichtige Magd des herrschenden Mannes, sondern die f r e i e G e n o s s i n d e s f r e i e n B ü r g e r s [herv. i. Org.), unsern Söhnen und Töchtern schon als stammelnden Säuglingen die Freiheit einflößt, und im Samen des erziehenden Wortes den Sinn ächten Bürgerthums nährt […].“ Wirth: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach, 1832, 38

Dies könnte man als Reduzieren auf die Mutterrolle verstehen, wenn es nicht „freie Genossin“ hieße. Außerdem hatte sich Siebenpfeiffer in seiner Einladung bzw. seinem Aufruf „Der Deutschen Mai.“ schon expliziet an die deutschen

„Frauen und Jungfrauen“ gewandt, „deren p o l i t i s c h e Mißachtung in der europäischen Ordnung ein Flecken ist, schmücket und und belebet die Versammlung durch eure Gegenwart!“ (Siebenpfeiffer nach Wirth, Herv. i. Org. 6)

Und einige Frauen schienen seinem Aufruf gefolgt zu sein. So berichtet Wirth im ersten Heft seiner Nachbereitung, dass „Frauen und Jungfrauen mit der poln[ischen]. Fahne, letztere getragen von einem Fähndrich, der mit einer weiß roten Schärpe geschmückt war“ (11), die zweite Gruppe des Festzugs bildeten. Sie liefen damit an prominenter Stelle im Zug, noch vor der Gruppe der Festordner, in deren „Mitte die deutsche Fahne mit der Inschrift ‚Deutschlands Wiedergeburt‘ “ (ebd.) getragen wurde.
Siebenpfeiffer beendete seine Rede fast schon internationalistisch:

„Es lebe das freie, das einige Deutschland!
Hoch leben die Polen, der Deutschen Verbündete!
Hoch leben die Franken, der Deutschen Brüder, die unsere Nationalität und Selbstständigkeit achten!
Hoch lebe jedes Volk, das seine Ketten bricht und mit uns den Bund der Freiheit schwört!
Vaterland – Volkshoheit – Völkerbund hoch!“ (41)



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