Der Friedhof der Märzgefallenen
„Viele der Berliner:innen, die am 18. März 1848 für ein besseres Leben auf die Straße gingen, waren oft noch sehr junge Menschen. Die meisten waren zudem bitterarm. Zahlreiche Lehrlinge, Handwerker:innen und Arbeiter:innen waren dabe[i, KA]. Sie alle einte der Mut, ihr Leben für soziale Verbesserungen und Freiheitsrechte einzusetzen.
255 Tote der Berliner Märzrevolution sind auf dem Friedhof der Märzgefallenen begraben. Der Friedhof wurde eigens für sie angelegt. Er ist nicht somit nicht nur ein einzigartiges Zeugnis, sondern auch ein Erzeugnis der Revolutionsereignisse.
Gedenkort für zwei Revolutionen:
Im November und Dezember 1918 wurden auch die Opfer der Revolution 1918/19 auf dem Friedhof der Märzgefallenen beerdigt“
(www.https://www.friedhof-der-maerzgefallenen.de/gedenk-und-ausstellungsort)
Die „Märzgefallenen“ von Berlin radikalisierten die folgenden Ereignisse. Sie riskieren ihr Leben bei den Protesten „für soziale Verbesserungen und Freiheitsrechte“, wie es später die Teilnehmer am Hecker- und Struve-Zug und auch die Rastätter taten. Wie die Diskussion um die 13 Forderungen von Offenburg zeigte, waren soziale Forderungen schon vorher in Baden formuliert und verbreitet worden. Was aber machte die preußischen Geschehnisse so wichtig, dass sie im Gedenken anderen Ereignissen des Jahres 1849 gegenüber gestellt wurden?
Am 13. März musste Metternich zurücktreten und die erste Märzregierungen waren installiert worden.
„Militärisch hatten die Volkskämpfer nicht gesiegt; sie wären vielmehr in Berlin voraussichtlich niedergezwungen worden, wenn die alte Staatsautorität den rücksichtslosen Einsatz aller Truppen gewagt hätte. Sie wagte ihn nicht. Schon darin lag ein großer Erfolg der revolutionären Idee. In ganz Deutschland hatte sie nun gesiegt. […,] Berlin war aber die erste deutsche Stadt, in der der blutige Barrikadenkampf nachträglich als ein berechtigtes und ehrenvolles Mittel des politischen Wollens anerkannt worden war.“
(Valentin, Veit: Geschichte der deutschen Revolution von 1848-49. Band I. Berlin 1930, S. 461f)
Die Berliner Märzgefallenen stehen für die Revolution der Straße und deren „Sieg“, getragen von „Lehrlinge, Handwerker:innen und Arbeiter:innen“ (s.o.). Entsprechend nahm die Arbeiterbewegung den Erinnerungstag 18. März auf. So erklärte Bebel „unmissverständlich, dass die Nationalversammlung nur eine Frucht der Märzrevolution war, und er verteidigte leidenschaftlich die Ehre der Barrikadenkämpfer.“ (Schmidt, W.: UTOPIE kreativ, H. 216 (Oktober 2008), S. 925-940, 928.) Dagegen steht die Eröffnung der Paulskirchenversammlung am 18. Mai für die parlamentarische Tradition und der vermeintlich bürgerlichen Variante der Demokratie. „18. März oder 18. Mai, Parlament oder Märzrevolution war die Gretchenfrage“ (Ebd., 931) und die Präferenz für das ein oder andere Datum wurde in die Blockkonfrontation hineingetragen. In der DDR wurde die Revolution von 1848/49
„zum festen Bestandteil des sozialistischen Traditionshaushalts, wobei der 18. März und die „Märzgefallenen“ – neben der Erinnerung an Karl Marx und Friedrich Engels – in der Erinnerungspolitik eine wichtige Rolle spielten. Dagegen erschien 1848/49 in der bundesrepublikanischen Erinnerungskultur als eine wichtige Etappe zur parlamentarischen Demokratie, weshalb nicht die Barrikadenkämpfe im Mittelpunkt standen, sondern die Paulskirche und der 18. Mai.“
Wissenschaftlicher Dienst: Zum 18. März in der deutschen Geschichte, WD 1 – 3000 – 010/20, S.9.
Die vielen lokalen Orte der 1848 Revolution und die unterschiedlichen Standpunkte der Akteure und sich verändernde Einstellungen Einzelner löst die Pole allerdings m.M. auf.
Fortsetzung folgt